Zweiter Runder Tisch „KIEZ MACHT KLIMA UND INTEGRIERT!“

Zweiter Pankower Runder Tisch „KIEZ MACHT KLIMA UND INTEGRIERT!“

Berlin Pankow, 08. November 2023

Enormes Ausmaß der Täuschung kommt ans Licht

Er hält weiter an, der für alle Anwohnenden unerträgliche Schwebezustand im Kiez am Pankower Schlosspark: Grünflächen und Spielplatz werden nach wie vor 24 Stunden am Tag vom Wachschutz beobachtet. Patrouillen statt spielender Kinder – dort, wo der Senat offenbar ein Exempel statuieren will. Gegen die engagierte Bewohnerschaft und den Bezirk, der eine Bebauungs-Alternative vorschlug, soll hier mit Sonderbaurecht und offensichtlicher Einschüchterung ein ökologisch desaströses und sozial fragwürdiges Projekt durchgesetzt werden. Seit über vier Jahren wehrt sich die Bürgerinitiative Grüner Kiez Pankow. Menschen, die die Gesobau AG nach eigenen Leitlinien hätte abholen und einbeziehen sollen.

Die Historie des grandios gescheiterten „Beteiligungsprozesses“ steht ganz oben auf der Agenda des 2. Runden Tisches „KIEZ MACHT KLIMA UND INTEGRIERT!“. Zu ihm finden sich an diesem Mittwochmorgen neben direkt und indirekt Betroffenen auch regionale und überregionale Presse, Vertretende aus Wissenschaft, Bezirkspolitik und der Hermann-Henselmann-Stiftung ein.
Für Partizipationsprozesse im Wohnungsbau der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gibt es Leitlinien, die gemeinsam mit der HUMBOLDT-VIADRINA-Governance Platform unter Leitung von Prof. Dr. Gesine Schwan erarbeitet wurden: „Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bei Wohnungsneubauten ist notwendig, um zu tragfähigen und zukunftsorientierten Lösungen zu kommen.“, heißt es dort.

Beim Runden Tisch wird anhand der Dokumentation rasch deutlich, dass eine echte Beteiligung an der Planung des Bauprojektes von Seiten der Gesobau AG nie stattgefunden hat. Nachdem trotz alternativer Vorschläge der Anwohnerschaft und Forderungen durch die Bezirkspolitik wiederholt nur zwischen drei gleichermaßen einschneidenden und zerstörerischen Bauplänen gewählt werden sollte, verweigerte die übergroße Mehrheit der Anwohnenden die Stimmabgabe. Nicht desto trotz legitimisiert die Wohnungsbaugesellschaft die Durchführung des allseits abgelehnten Bauvorhabens mit eben dieser Wahl der Baukörper, an der sich final nur 14 der 600-800 Anwählenden beteiligten.

Am Runden Tisch lautet der Tenor nach wie vor: Die Umsetzung des durch den Bezirk erstellten schonenden Bebauungsplans wäre der richtige Weg; ernstgemeinte Gesprächsbereitschaft zumindest ein erster Schritt. Beim Runden Tisch fehlen sowohl
Wohnungsbaugesellschaft als auch Vertreter der Senatsverwaltung auch bei diesem zweiten Termin.

Unverständnis löst das Antwortschreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen auf die schriftliche Anfrage von Katalin Gennburg und Niklas Schenker (LINKE) vom 2. November 2023 aus, das Guido Brendgens (Referent für Stadtentwicklung und Umwelt, Landwirtschaft und Tierschutz Fraktion Die LINKE im Abgeordnetenhaus) in der Runde austeilt. Hier ging es um Fragen im Zusammenhang mit den Kosten für die Security zur Sicherung des abgezäunten grünen Höfe und die beauftragte Großkanzlei GSK STOCKMANN. In dem Schreiben wird bestätigt, dass der eingezäunte Spielplatz sowie die Grünfläche im Nordhof durch ein Security-Unternehmen rund um die Uhr überwacht werden. Dazu werden laut Auskunft der Gesobau 14 Security-Mitarbeiter in zwei Schichten eingesetzt. Die Frage nach der Höhe der damit verbundenen Kosten wird wie folgt beantwortet: „Angaben zu beauftragten Unternehmen oder Höhe der Kosten für Sicherheitsmaßnahmen … werden nicht veröffentlicht.“ Ein Überschlagen lässt allerdings Spekulationen über monatliche Personalkosten in Größenordnungen von 150.000 Euro für die Beauftragung des RUWE-Sicherheitsdienstes zu und wirft die Frage auf, ob hier verantwortlich und mit den Mietzahlungen der Anwohnenden umgegangen wird.

Beim Runden Tisch steht die Frage im Raum, was hier eigentlich bewacht werden soll. Wo das Umwelt- und Naturschutzamt doch bereits am 09. Oktober 2023 die Fällung der Bäume und die Beseitigung von Sträuchern untersagt hat. Damit wird aktuell keine Baustelle bewacht, sondern eine mit Bäumen bestandene Wiese und ein Spielplatz, die nun schon seit Wochen nicht mehr genutzt werden können. Anwohner sprechen von „teils klaustrophobischen Zuständen“. Viele geben an, sich durch den patrouillierenden Wachschutz beim Schlafen gestört zu fühlen.

Ein weiterer Tagesordnungspunkt des Runden Tischs ist die Diskussion um das Sonderbaurecht nach §246 BauGB. Laut Presseberichten (siehe u.a. Tagesspiegel vom 7.11.2023 „Zoff um Pankower Geflüchtetenunterkunft“) gibt der Berliner Bausenat mittlerweile offen an, die mit Hilfe des Sonderbaurechts geschaffenen Wohnungsbauten, beziehungsweise so genannten MUFs, einer lebenszeitlich hochwertigen Nutzung unterziehen zu wollen. Eine Aussage, die vielen widersprüchlich und, auch in Hinblick auf andere baurechtliche Paragraphen, mit demokratischen Prinzipien unvereinbar scheint.

Erneut große Besorgnis über das per Sonderregelung genehmigte Bauprojekt äußern auch die anwesenden Expertinnen für Klima- und Umweltschutz. So berichten Dr. Grit Bürgow und Dr. Anja Steglich (beide Stadt- und Landschaftsplanerinnen und Wissenschaftlerinnen) von der BUND-Initiative zur Erhaltung von Grünflächen und dem von der Ecosia GmbH ins Leben gerufene BaumEntscheid Berlin. Es fallen Schlagwörter, die sich auch auf das Projekt im Pankower Kiez beziehen lassen. Sie lauten „Klimanotstand“ oder auch „Schwammstadt“- ein Etikett, das die Stadt Berlin sich selbst zum Ziel erhoben hat. Hierfür ist lokales Regenwassermanagement notwendig, verbunden mit angepasster landschaftlicher Freiraumgestaltung durch Bäume, Schilfbeete und weitere blau-grüne Infrastruktur. Die systematische Versieglung von Grünflächen wie in diesem und in vielen anderen aktuellen Bauvorhaben der Hauptstadt konterkarieren diese Ziele. 

Aus den Beiträgen von Wissenschaft und Politik, aber nicht zuletzt aus dem Engagement der direkt Betroffenen, spricht auch am Ende des 2. Pankower Runden Tisches „KIEZ MACHT KLIMA UND INTEGRIERT!“ der Bedarf an und Wunsch nach sozialen Räumen und grünen Flächen für ein ökologisches und integratives Miteinander. Nicht nur, aber auch vor der eigenen Haustür. Die Einladung zum 3. Termin steht.


Der Runde Tisch trifft sich wieder am 29. November 2023 um 9.00 Uhr im Gemeindesaal der evangelischen Kirche Alt-Pankow, Breite Straße 38, 13187 Berlin

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